LIGA -Forderung: Kita-Qualität verbessern!

Beim Personalschlüssel hat der Werra-Meißner-Kreis einen deutlichen Nachholbedarf

KiTa-Qualität verbessern! Presseerklärung 18.12.2017
„Beim Personalschlüssel hat der Werra-Meißner-Kreis einen deutlichen Nachholbedarf“
Stellungnahme der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Werra-Meißner zur Diskussion über die KiTa-Finanzierung
Länderreport: Werra-Meißner-Kreis ist Schlusslicht in der Personalausstattung
1. „Wesentliche Voraussetzung für eine „gute“ KiTa-Qualität ist eine quantitativ ausreichende Ausstattung mit qualifiziertem Personal.“ Aber gerade bei diesem Qualitätsmerkmal der KiTa-Rahmenbedingungen bildet der Werra-Meißner-Kreis in Hessen und darüber hinaus sogar un-ter allen westdeutschen Landkreisen das klare Schlusslicht.1
Das ist ein Ergebnis der Untersuchung „Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2017“ der Bertelsmann-Stiftung.
Im Werra-Meißner-Kreis beträgt der Personalschlüssel bei den 3- bis 6-jährigen Kindern 1 : 11,9.2 Während die fachlich unbestrittene Empfehlung der Bertelsmann-Stiftung bei dem Wert 1 : 7,5 liegt, beträgt der Durchschnitt in Hessen 1 : 9,6, in Westdeutschland 1 : 8,5.
Schon den hessischen Durchschnittswert nennt die Bertelsmann-Studie „nicht kindgerecht.“3 Entsprechend folgert die Studie: „Zukünftige Reformmaßnahmen müssen die Unterschiede zwi-schen den Kreisen in den Blick nehmen.“4
LIGA-Forderung: Investitionen in KiTa-Qualität
2. Die in der LIGA Werra-Meißner vertretenen KiTa-Träger der freien Wohlfahrtsverbände sehen in den Ergebnissen der Bertelsmann-Studie eine deutliche Kritik und eine klare Handlungsempfeh-lung:
Es muss dringend in die KiTa-Qualität investiert werden, damit der Werra-Meißner-Kreis diese Schlusslichtposition verlassen kann.
Denn gute KiTa-Qualität ist der Schlüssel für die Bildungs- und Teilhabe-Chancen der Kinder. Gute KiTa-Qualität ist aber auch Standortmerkmal einer Region und Zukunftsfaktor im Blick auf die demografische Entwicklung.
Hier hat der Werra-Meißner-Kreis mit seinen Kommunen auch den eigenen Ansprüchen ge-recht zu werden.
Qualitätsmaßstab: Rahmenvereinbarung 2004
3. Die LIGA Werra-Meißner verweist in diesem Zusammenhang auf die 2004 abgeschlossene „Rah-menvereinbarung über Standards in Kindertagesstätten im Werra-Meißner-Kreis“, die jedoch seit 2015 im Zuge der Umsetzung des „Hessischen Kinderförderungsgesetzes (KiföG)“ außer Kraft gesetzt wurde.
In dieser Vereinbarung wurden u. a. sogenannte mittelbare pädagogische Zeiten für das Fachper-sonal festgelegt. Je KiTa-Gruppe wurden 10 Wochenstunden zusätzlich berechnet. Davon sollten 5 Wochenstunden für Leitungstätigkeiten und weitere 5 Stunden als Verfügungszeit der pädago-gischen Fachkräfte zur Verfügung stehen. Unter dem Druck der Gleichzeitigkeit von KiföG-Einführung und „Schutzschirm“-Sparmaßnahmen wurden diese Werte auf zumeist insgesamt 3 bis 5 Stunden je Gruppe gesenkt. Oft werden dabei keinerlei „Verfügungszeiten“ des Fachperso-nals ermöglicht.
Es wird dringend Zeit, die Standards von 2004 wieder in Kraft zu setzen. Denn schon diese Stunden würden den Personalschlüssel deutlich verbessern.
1 Länderreport 2017, 111
2 Ebd. Das heißt, rein rechnerisch werden 11,9 ganztags betreute Kinder von 1 vollzeitbeschäftigten Fachkraft betreut.
3 Ebd.
4 Ebd.
Gestiegene Ansprüche an die Fachkräfte
4. Auch aus inhaltlichen Gründen hält die LIGA die Aufstockung der mittelbaren pädagogischen
Zeiten für dringend geboten:
Die Aufgabenfülle und Belastung der Leitungen ist seit der Einführung des „KiföG“ erheblich angestiegen.
Bedarfs- und Personalberechnung, Personalmanagement, Dienstplangestaltung und
Statistik sowie weitere Verwaltungsaufgaben sind deutlich aufwändiger geworden. Dazu hat der
Gesetzgeber die KiTas mit einer nennenswerten Zahl neuer Aufgaben wie z.B. der Dokumentation
von Kindeswohlgefährdung oder der Impfprävention beauftragt. Mit einer verringerten Leitungszeit
sind diese Aufgaben nicht zu bewältigen.
Das Fachpersonal im Gruppendienst sieht sich u.a. einem gestiegenen Bedarf an Elternberatung
und individueller Förderung des einzelnen Kindes gegenüber. Der „Hessische Bildungs- und Erziehungsplan
(BEP)“ aus dem Jahr 2007 beschreibt daneben einen hohen Standard in frühkindlicher
Bildung, dem die KiTas gerecht werden wollen.
Dem hohen Anspruch, den der Auftrag der Kindertagesstätten in „Betreuung, Bildung und Erziehung“
umfasst, kann mit einem verringerten Personalschlüssel dauerhaft nicht entsprochen
werden.
Pauschalen decken Bedarfe nicht
5. Eine weitere Stellschraube zur Qualitätsverbesserung sehen die in der LIGA organisierten KITa-
Träger in der sachgemäßen Verwendung der Förderpauschalen, die das KiföG vorsieht. So ist die
„Qualitätspauschale“ für die zusätzlichen Bedarfe einer an dem BEP ausgerichteten pädagogischen
Arbeit vorgesehen; die „Schwerpunkt-Pauschale“ wird für KiTas gewährt, die einen erhöhten
Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund oder dem Bedarf der Förderung aus Mitteln der
öffentlichen Sozialhilfe aufweisen.
Es geht nicht an, dass diese zusätzlichen Mittel stattdessen dauerhaft in die Finanzierung der
allgemeinen KiTa-Kosten einfließen.
Die jüngste Gesetzesvorlage der Landesregierung sieht zwar eine stufenweise Erhöhung der Qualitätspauschale
bis 2020 vor.5 Sofern diese Mittel gemäß der LIGA-Forderung tatsächlich als zusätzliche
Leistungen bei den Trägern ankommen, decken sie jedoch nicht einmal die Personalminderung
ab, die die Aussetzung der Rahmenvereinbarung bewirkt hat.6 Dabei ist weiterhin zu
berücksichtigen, dass diese Mittel nicht ausschließlich für personelle Mehrbedarfe zweckbestimmt
sind und an erweiterte, Kosten verursachende Förderbedingungen geknüpft werden.
Land Hessen ist gefordert
6. Grundsätzlich jedoch sehen die Vertreter der LIGA nicht allein die Kommunen, sondern in erster
Linie das Bundesland Hessen gefordert, die KiTa-Qualität zu verbessern.
Laut dem aktuellen „Länderreport“ der Bertelsmann-Studie ist Hessen dasjenige Bundesland, das
die höchste kommunale Quote in der Finanzierung der Kindertagesstätten aufweist, in der Beteiligung
des Landes an den Kita-Kosten aber nach Schleswig-Holstein das Schlusslicht bildet.7 Im
Ländervergleich geben Bayern oder Nordrhein-Westfalen mit einer Finanzierungsquote von über
40% aus Landesmitteln eine klare Zielvorgabe für das wirtschaftlich ähnlich starke Bundesland
Hessen.8
So sehr die aktuelle Initiative der Entlastung der Eltern von KiTa-Beiträgen begrüßt wird, muss
doch das Land Hessen deutlich mehr in die KiTa-Qualität investieren.
Dabei muss insbesondere das Gerechtigkeitsgefälle zwischen den wohlhabenderen und den
ärmeren Regionen in den Blick genommen und beseitigt werden, damit Kinder in ganz Hessen
vergleichbare Chancen auf Teilhabe, Betreuung und Bildung haben. (Ende)
5 Hess. Landtag, Drucksache 19/5472 v. 29.11.2017
6 Nach eigenen Berechnungen könnten unter der Voraussetzung der aktuellen Lohnkosten mit dem für 2020
angestrebten jährlichen Förderbetrag von 300 € je Kind maximal 4,25 Fachkraft-Wochenstunden je Gruppe (25
Kinder) finanziert werden. Diesen stehen jedoch 5 bis 7 durch die Aussetzung der Rahmenvereinbarung abgebaute
Wochenstunden je Gruppe gegenüber.
7 Länderreport 2017, 296, Tab. 23: Kommunen 62,8 %, Land 23,4 %, Eltern 13,8 % (ohne Anteile der freien Träger
und Bundesmittel)
8 Ebd.