Historie

Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt

Die Gründung des 'Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt' am 13. Dezember 1919 als Selbsthilfeorganisation der Arbeiterschaft war ein wichtiger Schritt und Beitrag zur Linderung der ärgsten Not. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/1871, der sich anschließenden Reichsgründung und der fortschreitenden Industrialisierung, war die 'soziale Frage' ein immer wichtigeres Thema geworden. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 gab es keine staatliche oder kirchliche Wohlfahrtspflege, die über den Charakter einer Armenpflege hinausging.

Wesentlich imitiert wurde die Gründung einer eigenen Wohlfahrtsorganisation der 'arbeitenden Klasse' von einer Gruppe sozialdemokratischer Frauen und der Reichstagsabgeordneten Marie Juchacz (1879 - 1956), die sich von früher Jugend an politisch aktiv betätigte und die Arbeiterwohlfahrt wesentlich geprägt hat. Wichtig für das Selbstverständnis der Organisation war vom Beginn an, wie Marie Juchacz später schrieb, dass sich die Arbeiterwohlfahrt nicht etwa nur als Vertreter einer kleinen Schicht fühlte. Vielmehr hielten sie es für ihre Pflicht, ihre Kräfte in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.

Seit diesen Anfangsjahren hat die Arbeiterwohlfahrt stets fortschrittliche Sozialarbeit praktiziert. 1939, nach der Machtübernahme Hitlers, wurde die AWO zerschlagen und ihre Einrichtung aufgelöst. Die AWO hat jedoch auch in diesen Jahren im Verborgenen weiterhin Hilfe geleistet. Auch in unserer Region haben Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt aus dem Bereich des Kreisverbandes, insbesondere aus Eschwege, nachweislich von 1933 bis 1946 mit allen ihnen zu Verfügung stehenden Mitteln Arme und Bedürftige unterstützt.

Nach 1945 zeigte sich schnell, dass die Idee der Arbeiterwohlfahrt nicht verloren gegangen war. Auf Bundesebene begann Lotte Lemke (1903 - 1988) mit anderen, die Organisation der AWO wieder aufzubauen. 1946 wurde sie auf Bundesebene zur Geschäftsführerin berufen. Von 1965 bis 1971 war sie Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden in ganz Deutschland kleine Gruppen, die sich zu AWO-Ortsvereinen zusammenfanden. So können auch einige Ortsvereine im Kreisverband Eschwege e. V. heute auf eine über 50-jährige Tradition zurückblicken.

Nach 1949 ging die Arbeiterwohlfahrt organisatorisch neue Wege. Sie hat sich als selbständige Organisation zu einem Verband der freien Wohlfahrtspflege entwickelt. Die Arbeiterwohlfahrt zählt bundesweit mehr als 560.000 Mitglieder und ist in vielen Bereichen der sozialen Arbeit aktiv. Die AWO hat bis heute nichts von der Bedeutung verloren; gerade die Entwicklung der Sozialpolitik in der letzten Zeit und immer neue Sparvorschläge zu Lasten sozial schwacher Menschen beweisen, dass fortschrittliche Sozialarbeit nach wie vor dringend benötigt wird. Die Arbeiterwohlfahrt wird auch zukünftig unabhängig, überparteilich und konfessionell ungebunden für alle Schichten der Bevölkerung ansprechbar sein.

Bildquelle Historie; Lotte Lemke und Marie Juchacz: © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung